Nichtseattle: »Haus aus Papier«
In Zeiten von Spätkapitalismus und Social Media, in denen Verwertbarkeit, Zweckmäßigkeit, der Kampf um Aufmerksamkeit und demnach ein ständiger Performancegedanke in der Musik eine übergeordnete Rolle spielen, kommt die Art des Musizierens, bei der es auf das Erlebnis und die Gruppenerfahrung ankommt, schon lange zu kurz. Nicht so beim nachbarschaftlichen Kaufhallenchor, der zwischen Plattenbauten am Rande des Prenzlauer Bergs wöchentlich probt. Unter der Leitung der Berliner Musikerin Nichtseattle entstehen magische Momente, wenn durch das gemeinsame mehrstimmige Singen der Laien eine erst schwer vorstellbare, dann aber doch geglückte Harmonie entsteht. Eine Harmonie zwischen Menschen, die unterschiedlichsten Alters sind, mit verschiedensten Biografien und sozialen Hintergründen. Gemeinsam mit ihrer Band singt der Chor bei Pop-Kultur die eigenen Indie-Songs von Nichtseattle und auch andere, die man alle irgendwie gesellschaftlich, utopistisch, idealsozialistisch verstehen kann – und als ein sehr farbenfrohes, lustvolles Gegenmodell zu Individualismus und Vereinzelung des Spätkapitalismus.
Credits: Katharina Kollmann (concept and music), Florian Illing (sound), Sebastian Albin, Sebastian Wiege, Gregor Lener, Matthias Eule, Juliane Graf, Tom Seidel, Marcus Zelck, Peter David, Stefan Hölz, Annette Dörrfuß, Katharina Köckritz, Gesine Badtke, Dagmar Schnürer, Salome Morales, Pia Sombetzki, Anna Igel, Daniela Noack, Petra Bechert, Viviane Schmitt, Michaela Backhus, Anke Stange, Eva-Marla Bolz, Götz Badtke (Kaufhallenchor).